Künstliche Intelligenz verspricht schnelle Antworten, führt aber auch zu einem Rückgang des Datenverkehrs und der Einnahmen von Websites. Lesen Sie, wie Verlage ums Überleben kämpfen und ob es Hoffnung für das offene Web gibt.
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich auf einem Friedhof, auf dem sich ein Grabstein mit der Inschrift „World Wide Web, 1989–2025". Klingt das übertrieben? Vielleicht nicht. Wann The Economist Juli 2025 veröffentlichte einen Artikel mit dem Titel „KI tötet das Internet. Kann es noch etwas retten?“ und löste damit eine Debatte darüber aus, ob künstliche Intelligenz das Internet, wie wir es kennen, tatsächlich zerstört. Anstatt uns durch Seiten zu klicken, fragen wir nun Chatbots wie ChatGPT und erhalten Antworten, ohne die Originalquellen zu besuchen. Das ist praktisch für uns, aber eine Katastrophe für Content-Ersteller. Mit etwas Ironie: Wird das Web überleben oder wird es zu einem Museumsstück voller Werbung und Bots?
Wie künstliche Intelligenz die Suche und das Browsen verändert
Künstliche Intelligenz hat die Art und Weise, wie wir nach Informationen suchen, revolutioniert. Anstelle klassischer Suchmaschinen wie Google nutzen wir heute KI-Zusammenfassungen, die uns oben auf der Seite schnelle Antworten bieten. Laut Daten Pew Research Center, Stand Juli 2025, Nutzerdie die AI-Zusammenfassung sehen, klickten auf Links nur in 8 Prozent der Fälle, verglichen mit 15 Prozent ohne Zusammenfassung. Darüber hinaus haben 26 Prozent der Nutzer das Surfen einfach abgebrochen, nachdem sie die Zusammenfassung gesehen hatten – 10 Prozent mehr als ohne Zusammenfassung.
Im Mai 2025 führte Google den KI-Modus ein, der Mini-Artikel aus mehreren Quellen erstellt, ohne dass der Nutzer Websites besuchen muss. Das ist praktisch, aber ironisch: Die Suchmaschine, die einst ein Imperium auf der Generierung von Traffic aufgebaut hat, stiehlt diesen Traffic nun. Forbes schätzt, dass KI-Zusammenfassungen den organischen Traffic je nach Branche um 15 bis 64 Prozent sinken lassen können. Verlage wie die Financial Times berichten von einem Rückgang des Suchverkehrs um 25 bis 30 Prozent, während DMG Media aufgrund von KI-Zusammenfassungen einen Rückgang der Klicks um bis zu 89 Prozent verzeichnet.
Auf Social-Media-Plattformen wie X beklagen Nutzer, das Internet sei zu einem „Netzwerk von Bots geworden, die mit Bots sprechen“. In einem Tweet heißt es: „KI zerstört das Internet. Instagram ist voll mit KI-generiertem Müll, und die Hälfte der Twitter-Nutzer sind Bots.“ Ein anderer fügt hinzu: „Suchmaschinen und soziale Netzwerke haben das Internet übernommen und zerstört.“ Das ist nicht nur Gejammer – es ist eine echte Originalitätskrise.
Wirtschaftlicher Schlag: Von Anzeigen zum Zusammenbruch
Die Webökonomie basiert auf Traffic: Mehr Klicks bedeuten mehr Werbung und Umsatz. KI bringt dieses Gleichgewicht durcheinander. Wie NPR im Juli 2025 berichtete, verloren Websites wie CNN rund 30 Prozent ihres Traffics, während Business Insider und HuffPost einen Rückgang von bis zu 40 Prozent verzeichneten. Matthew Prince, CEO von Cloudflare, beschrieb die Panik unter den Medienmanagern im Economist: „Ich dachte, es läge an Nordkorea, und sie sagten: ‚Nein, es ist KI.‘“
Blogger und kleinere Verlage sind am stärksten betroffen. Der Reiseblog Dangerous Business berichtet von einem Rückgang des Datenverkehrs aufgrund von Googles Änderungen und KI, was ihre Existenz bedroht. Die Ironie daran? KI lernt von diesen Seiten, saugt sie aber auch aus. Wie Klaudia Jaźwińska von der Columbia University sagt: „Für Verlage ist das ein faustischer Pakt.“
Risiken: Halluzinationen, Voreingenommenheit und das tote Internet
KI ist nicht perfekt. Apple und Google mussten Fehler korrigieren, wie etwa die Fake News, Rafael Nadal habe sich als schwul geoutet, oder Fälle, in denen KI-Chatbots zum Selbstmord aufriefen. Die BBC warnt vor „Blasen“ und der Wiederholung erwarteter Informationen, die zu weniger Vielfalt führen können.
Die Theorie vom „toten Internet“ verbreitet sich auf X: „ChatGPT und KI-Agenten haben die Originalität zerstört. Alle Interaktionen sind voller generiertem Müll.“ Die Menschen kehren zu echten Interaktionen zurück, während das Web mit automatisierten Inhalten gefüllt wird.
Gibt es eine Lösung? Anpassung, Klagen und neue Modelle
Die Verlage geben nicht auf. Manche, wie Die New York Times, verklagen KI-Unternehmen wegen Urheberrechtsverletzungen, während andere Lizenzvereinbarungen schließen – beispielsweise News Corp. und Axel Springer mit Meta. Der Guardian und die Financial Times entwickeln eigene KI-Tools, die ausschließlich ihre Inhalte verwenden.
Cloudflare schlägt „Pay-to-Index“ vor, bei dem KI-Bots für den Zugriff auf Inhalte bezahlen. Die BBC blockiert KI-Crawler, was aber nicht immer erfolgreich ist. Viele konzentrieren sich auf Abonnements, Podcasts und Nachrichten, um eine direkte Beziehung zu den Lesern aufzubauen. Helen Havlak von The Verge sagt: „Wir verdoppeln die Abonnements und machen das Web mehr zu einem sozialen Netzwerk.“
Google behauptet, dass KI für „hochwertigeren Datenverkehr“ sorgt und das Web wächst – die Inhalte sind in den letzten zwei Jahren um 45 Prozent gestiegen. Kritiker hegen jedoch Zweifel: Wird das ausreichen, um das Problem des offenen Webs zu lösen?
Fazit: Ist das Internet tot?
Künstliche Intelligenz ist wie ein zweischneidiges Schwert: Sie macht das Leben einfacher, zerstört aber auch die Grundlagen des Internets. Verlage wehren sich mit Innovationen, Klagen und neue Modelle, Doch die Zukunft ist ungewiss. Vielleicht kehren wir zu echten Büchern zurück, oder das Internet wird zu einem „Maschinennetz“ voller Roboter. In jedem Fall ist es Zeit, darüber nachzudenken: Wollen wir schnelle Antworten oder ein reichhaltiges, vielfältiges Internet?